Wer hier schreibt
Ich bin eine Ur-Berliner Pflanze, die es vor über 20 Jahren ins wunderschöne und wasserreiche Köpenick verschlagen hat. Der Stadtteil ist wie ein kleines Paralleluniversum zur trubeligen Metropole Berlin.
Geboren aber bin ich 1981 ganz im Norden der Hauptstadt – in Pankow. Wohntechnisch habe ich bisher erst drei Bezirke „ausgekundschaftet“. Zuerst war da die kleine 1-Zimmer Ausbauwohnung im Prenzlauer Berg. Hier wohnten wir ohne gültigen Mietvertrag, bis zuletzt. In der DDR gab es bekanntlich viel unter der Hand, auch so manche Wohnung. Später ging es dann hochoffiziell in die „Platte“ nach Lichtenberg. Aus dem uniformen Wohnungstyp der ostdeutschen Architektur zauberte mein Papa mit seiner Leidenschaft für Holz ein kleines Paradies. Baute Schränke, Hochbetten, Regale und eine richtige Spiellandschaft für mich und meine kleine Schwester. Mit Höhle, eigener Schultafel und einer gigantischen Eisenbahnplatte. Gut, die war vielleicht doch mehr sein eigener Traum.
Mit dem Wunsch nach Individualität, nach Freiheit, nach Veränderung – bin ich aufgewachsen. Und weiß, welche kleinen und großen Träume es gab, welche Kämpfe man ausfechten musste, wenn man beispielsweise selbstständig war und nicht einem Volkseigenem Betrieb angehörte, nicht das rote SED-Parteibuch oder das blaue Pionierhalstuch wählte. Davon gibt es unzählige Familiengeschichten. Selbst ich habe schon in der ersten Klasse miterlebt, wie das System funktionierte, wenn man eben nicht so richtig mitspielt. Doch das ist eine ganz eigene Geschichte und glücklicherweise hat die am Ende eine andere Wendung genommen. Prägend aber war die Zeit damals. Ich blicke gern auf sie zurück, denn sie ist ein Teil von mir und auch ein Stück Berliner Geschichte. Denn nirgends war das Zusammenwachsen der einst geteilten Stadt, spannender und besser mitzuerleben als hier in Berlin.
Doch neben Berlin gab es einen weiteren Schauplatz, ein ganz kleines Dorf in Brandenburg. Damals fuhren wir an fast jedem Wochenende aufs Land. Das mache ich noch heute, wenn meine Dachgeschosswohnung im Sommer jeder Sauna Konkurrenz macht oder ich einfach der Großstadt entfliehen will. Südöstlich von Berlin hatten Oma und Opa ihr ganz eigenes Gartenidyll. Und wir bald unsere „Datsche“. Ein kleines Wohnbungalow, bei dem ich heute noch das Gefühl von Geborgenheit spüre. Dank vielen Streichaktionen hat das Wochenendhäuschen bis heute überlebt. Und schon einigen Kiefern, die im märkischen Sand gern mal umstürzen und das Dach streifen, getrotzt. Zum Glück. Denn wenn ich die quitschbunten DDR-Eierbecher aus Plaste auf den Frühstückstisch stelle, ist das auch immer eine charmante Reise in die Vergangenheit. Ganz in der Nähe ist ein kleiner See, in dem ich meine ersten Schwimmversuche unternommen habe. Wasser ist definitiv mein Element und ich genieße es dort – manchmal sogar ganz für mich allein – zu schwimmen. Aber auch Streifzüge durch Wald und Wiese, vorbei an endlosen Kornfeldern oder wilden Brombeersträuchern, die zum Naschen verführen, gehören für mich dazu. Größer könnte der Kontrast zu Berlin wirklich nicht sein. Ich aber liebe beides.
Und ich liebe es auch schöne Momente und Orte festzuhalten. Durch meinen Beruf – ich habe lange als Autorin beim Fernsehen gearbeitet – habe ich über die Jahre meinen Blick durch die Kamera geschult und. Wahrscheinlich fotografiere ich deshalb so gern und vergesse dabei die Zeit. Später rufe ich mir all die Erlebnisse und Plätze mithilfe meiner Bilder in Erinnerung. Was praktisch ist, denn mein Sinn für Orientierung ist ausbaufähig. Doch beim Verirren lässt sich manchmal Einzigartiges entdecken. Man muss es später eben nur wiederfinden. Auch die Kunst der Mathematik zählt nicht gerade zu meinen Stärken. Leider. Kellnern, wenn es beruflich mal schlecht läuft, kommt für mich also nicht in Frage. Ich habe mal gelesen, wer nicht rechnen kann, macht was mit Medien. Das war damals sicher nicht der Grund sich für das Fernsehen zu entscheiden, sondern vielmehr der spannende Blick hinter die Kulissen. Was mich nach wie vor reizt. In meinem Beruf und in meiner freien Zeit gehe ich gern auf fotografische Erkundungstour. Ob schöne Häuserfassade, sattes Grün, reizvolle Blumenschönheiten, kulinaische Köstlichkeiten, Filmtiere oder eben spannende Stadtgeschichte – in alles möchte ich am liebsten eintauchen. Und dabei begegnen mir immer wieder faszinierende Menschen: ein besonders toller Guide oder eine leidenschaftliche Museumsmitarbeiterin, eine kreative Künstlerin oder ein Jungunternehmer, der für sein kleines Start-up brennt. Diese Energie zu spüren ist wunderbar. Denn Geschichte lebt durch Menschen. Und genau die möchte ich bei „Rieke trifft Berlin“ vorstellen, zusammen mit eindrucksvollen Orten meiner Lieblingsstadt. Es lohnt also immer mit offenen Augen und manchmal auch einem Reisebegleiter durch Berlin zu gehen.
Bei mir ist das definitiv meine Kamera, manchmal aber auch das Handy, um euch auf meinen Streifzug durch die Hauptstadt mitzunehmen. Neben dem Fotografieren und Erkunden ist Schreiben eine große Leidenschaft von mir. Kurz kann ich mich dabei selten fassen. Was dieser Text eindeutig beweist. Auch beim zweiten oder dritten Korrekturlesen reduziert sich die Wortanzahl nicht wirklich. Ich denke die Lust auf Worte und die kreative Ader habe ich von meiner Mama mit auf den Weg bekommen. Und sie gab diesem Blog beziehungsweise mir als Kind auch einen meiner Spitznamen: Rieke. Ein Name, der mir unglaublich viel bedeutet, denn ich verbinde ihn besonders mit ihr… Bis heute wehre ich mich vielleicht auch deshalb sehr erfolgreich gegen Spitznamen aller Art. Und die Frage danach kommt oft, denn Hendrikje-Marei ist alles andere als kurz. Auch wenn mich niemand bei meinem holländischen Doppelnamen rufen muss.
Und deshalb freue ich mich nun als Rieke zu schreiben.